Unterricht

Internationales Fortbildungsseminar an der Pädagogischen Hochschule Burgenland

Vergessene Kosmopoliten: Das Schicksal europäischer Zirkusleute während des Nationalsozialismus

Ort: PH Burgenland (AUT)

Inhalt:

Ausgehend von bereits vorliegenden Forschungsergebnissen wollen die internationalen Referenten einleitend über Leben, Verfolgung, Tod und Überlebensstrategien von Zirkusleuten in Europa zur Zeit des Nationalsozialismus informieren. Zusammen mit den Seminarteilnehmern soll erarbeitet werden, warum gerade Zirkusse Räume darstellten, die in nachweisbaren Fällen auch Dritten gegenüber Schutz vor nationalsozialistischer Verfolgung boten. Gleichzeitig waren vor allem Zirkusfamilien mit jüdischem, jenischem und/oder Sinti und Roma Hintergrund von Verfolgung betroffen. Das Seminar will daher auch generell auf vergessene Opfergruppen im Nationalsozialismus erinnern und zugleich erörtern, warum Zirkusleute als Opfer des Nationalsozialismus bislang kaum Beachtung gefunden haben. Zudem beabsichtigen wir, neue pädagogische Wege in der politischen Bildungsarbeit zu diskutieren. Die letzten Überlebenden nationalistischer Verfolgung haben heute ein hohes Alter erreicht. Als mahnende Zeitzeugen werden sie uns bald nicht mehr zur Verfügung stehen. Über das Zusammenspiel von Forschung und artistischen Aktionen, wie Performance Acts/Stage Storytelling, wollen wir alternative Möglichkeiten in der Bildungs- und Erinnerungsarbeit aufzeigen. Unterstützt werden die Referenten dabei von der artistischen Projektgruppe „Zirkus im Nationalsozialismus“, die eine Performanz über das Leben Irento Bentos geben wird. Diese hatte als Artistin jüdischer Herkunft im Zirkus Althoff den Holocaust überlebt. Letztlich zielt das Seminar darauf ab, ein neues allgemeines Verständnis für die Lebensbedingungen und Sicherheitsstrategien transnationaler und marginalisierter Gruppen zu generieren. Damit tangiert das Projekt aktuelle gesellschaftliche Themen in Europa.

Ziele:

Mit unserem Seminar wollen wir a) auf Zirkusleute als vergessene Opfergruppe in Europa zur Zeit des Nationalsozialismus in der Öffentlichkeit aufmerksam machen und so zur weiteren Beschäftigung mit dieser Thematik anregen. Auch geht es uns b) darum, eine neue Wahrnehmung für den Zirkus als Ort kosmopolitischen Lebens vor, während und nach der nationalsozialistischen Diktatur zu schaffen. Mit Perspektive auf Gegenwart und Zukunft zielen wir c) darauf ab, ein breiteres Verständnis für die Lebensbedingungen und Sicherheitsstrategien transnationaler Gruppen in der Öffentlichkeit herbeizuführen. Ferner ist uns d) wichtig zu zeigen, dass Zirkusse – als mobile Orte –, Räume in der nationalsozialistischen Diktatur darstellten, die Zuflucht für diejenigen bieten konnten, die vom Regime aus politischen oder rassischen Gründen verfolgt wurden. Schließlich wollen wir e) durch das Zusammenspiel von Forschung und Theater- bzw. Zirkusaufführungen neue pädagogische Ansätze in der Bildungs- und Erinnerungsarbeit generieren:

Zielgruppe:

Das internationale Fortbildungsseminar richtet sich an Lehrer und andere Berufsgruppen, die in der politischen Bildungsarbeit tätig sind.

Max. Anzahl der Teilnehmer:

30

Vorläufiges Programm:

Freitag, 4.10.2019

14.00 – Einleitung (Herbert Brettl/Malte Gasche)

14.30 – Die Geschichte der burgenländischen Roma im 20 Jahrhundert (Herbert Brettl)

15.00 – Die Bedeutung ambulanter Gruppen als Kommunikatoren in der Gesellschaft der Neuzeit (Oliver von Mengersen)

15.30 – Pause

15.45 – Deutsche (Gross)Zirkusse in der Zeit des Nationalsozialismus (Martin Holler/Malte Gasche)

16.15 – Lebenschicksale verfolgter Zirkusleute zwischen 1933 und 1945 als didaktische Anregung für den Geschichtsunterricht (Martin Holler/Malte Gasche)

16.45 – Pause

17.15 – „A new chapter – challenges when teaching forgotten history“ (Solvej Berlau)

18.00 – Endes des ersten Seminartages

Samstag, 5.10.2019

9.00-13.00 Workshop mit der Projektgruppe CiNS

Die Projektgruppe CiNS, Circus im Nationalsozialismus, arbeitet seit über 10 Jahren interdisziplinär zu diesem wenig aufgearbeiteten Thema. Mit einer szenisch-artistischen Lesung, Wanderausstellungen sowie Workshops suchen wir Wege, eine kritische lebendige Erinnerungskultur zu gestalten, die sich auch auf die Gegenwart bezieht.

Gemeinsam mit unserem Kooperationspartner Kutlu Yurtseven, dessen Rap-Theater Diskriminierung und Rassismus heute thematisiert, wollen wir unser Schulformat präsentieren. Dieses besteht aus zwei zur Auswahl stehenden Workshops im Anschluss an die Szenische Lesung und das Rap-Theater. Im Workshop „Nachrichten 2049“ wird eine Nachrichten-Sendung aus der Zukunft gedreht. Damit sollen die Zusammenhänge von Erinnerungskultur und Gestaltung der Gegenwart für die Zukunft anhand frei gewählter Themen erfahrbar werden. Im „Rap-Workshop“ gibt es nach einem kurzen Input über die Geschichte und Vielfalt des Rap methodische Anstöße selbst Raps zu schreiben. Auch hier ist die Themenwahl des Teilnehmer*innen überlassen. Die Niedrigschwelligkeit des Kreiierens soll hier die unmittelbare Möglichkeit aktiv zu werden eröffnen.